In Politik und Medien wurde in den letzten Wochen und Monaten kontrovers und oftยญmals auch recht verkรผrzt รผber die Neuerungen im Arbeitszeitgesetz seit 1. September 2018 berichtet. Die Verรถffentlichung im Bundesgesetzblatt erfolgte jedoch erst am 14. August 2018 (BGBl. I Nr. 53/2018), weshalb bis zuletzt noch einige Punkte unklar waren. Wir haben die รnderungen fรผr Sie daher in eine รผbersichtliche Form gepackt und prรคsentieren Ihnen nun diese innerhalb der sieben nachfolgenden Textabschnitte.
Die tรคgliche Hรถchstarbeitszeit darf kรผnftig 12 statt bisher 10 Stunden pro Tag sowie 60 statt bisher 50 Stunden pro Woche betragen. Die tรคgliche Normalarbeitszeit mit 8 Stunden bleibt weiterhin bestehen. Wie schon bisher kann auch kรผnftig nur durch Regelung in einem Kollektivvertrag eine tรคgliche Normalarbeitszeit von bis zu zehn Stunden zugelassen werden. Ebenfalls ist darauf zu achten, dass innerhalb eines 17-wรถchigen Durchrechnungsยญzeitraumes die tatsรคchlich geleisteten Wochenstunden 48 Stunden im Durchschnitt nicht รผberschreiten dรผrfen. Somit ist eine dauerhafte Ausschรถpfung der 60 Stunden Hรถchstgrenze unzulรคssig.
Neu ist, dass kรผnftig an einem Tag bis zu 4 รberstunden (statt bisher 2 รberstunden) und in einer Woche bis zu 20 รberstunden (statt bisher 10 รberstunden) mรถglich sind. Bei der รberstundenentlohnung รคndert sich nichts. รberstunden fallen unter denselben Bedingungen an wie schon bisher.
Schon bisher waren gemeinsam mit der Unternehmensfรผhrung (erste Fรผhrungsebene) auch leitende Ange-stellte (zweite Fรผhrungsebene) vom Arbeitszeitgesetz ausgenommen, sofern ihnen maรgebliche Fรผhrungsaufยญgaben selbstverantwortlich รผbertragen waren. Nunmehr sind ArbeitnehmerInnen bereits dann vom Arbeitszeitยญgesetz ausgenommen, wenn ihnen (i) maรgebliche Entscheidungsbefugnis รผbertragen ist und (ii) die gesamte Arbeitszeit auf Grund der besonderen Merkmale der Tรคtigkeit nicht angemessen im Voraus festgelegt wird, oder hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann. Eine leitende Funktion ist demnach nicht mehr zwingend vorgesehen, was den Definitionsspielraum wesentlich erweitert. Die Gesetzesmaterialien sprechen hier von der sogenannten dritten Fรผhrungsebene (z. B. Abteilungsleiter, Filialleiter), die vom Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen ist.
Vergleichbares gilt kรผnftig auch fรผr die im Arbeitszeitgesetz taxativ aufgezรคhlten nahen Angehรถrigen (Eltern, volljรคhrige Kinder, im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatte und eingetragene Partner, seit mindestens drei Jahren im gemeinsamen Haushalt lebende Lebensgefรคhrten). Diese sind vom Arbeitszeitgesetz ausgenommen, sofern die gesamte Arbeitszeit auf Grund der besonderen Merkmale der Tรคtigkeit nicht angemessen im Voraus festgelegt wird, oder hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann. Auf das zusรคtzliche Erfordernis einer maรgeblichen Entscheidungsbefugnis wird hier nicht abgestellt. Diese Ausnahmeregelung kommt wohl in erster Linie nur bei Einzelunternehmen nicht hingegen bei Kapitalgesellschaften in Betracht. In Bezug auf Personengeยญsellschaften scheint die Rechtslage noch unklar.
Seit dem 1. September 2018 kann eine Gleitzeitvereinbarung eine Tagesnormalarbeitszeit im Ausmaร von 12 Stunden sowie eine Wochennormalarbeitszeit von 60 Stunden vorsehen. Dabei muss allerdings eine besteยญhende Gleitzeitvereinbarung mittels Betriebsvereinbarung, bei Betrieben ohne Betriebsrat mittels schriftlicher Einzelvereinbarung, adaptiert werden. Insbesondere ist es erforderlich, in der Gleitzeitvereinbarung ausdrรผcklich die Mรถglichkeit zum ganztรคgigen Zeitausgleich zu verankern. Die Konsumation ganzer Gleittage ist kein Zwang. Der/Die ArbeitnehmerIn muss dies lediglich verlangen kรถnnen, ist aber nicht zu dieser Konsumation verpflichtet. Weiters ist auf all-fรคllige Einschrรคnkungen des Kollektivvertrages (z. B. 10-stรผndige Normalarbeitszeitgrenze) zu achten. Gesetzlich wird auch festge-halten, dass seitens des Dienstgebers angeordnete Arbeitsstunden, die รผber die Normalarbeitszeit hinausgehen, automatisch als รberยญstunden gelten und somit die kollektivvertraglichen Folgen zur Anwendung gelangen. Werden bestehende Gleitzeitvereinbarungen nicht im Einvernehmen geรคndert, bleiben diese weiterhin aufrecht.
Wie bisher kรถnnen รberstunden bis zu einer Tagesarbeitszeit von zehn Stunden und einer Wochenarbeitsยญzeit von 50 Stunden zulรคssigerweise nur angeordnet werden, wenn berรผcksichtigungswรผrdige Interessen der ArbeitnehmerInnen nicht entgegenstehen. รberstunden welche die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden รผberschreiten, kรถnnen ohne Angabe von Grรผnden abgelehnt werden, ohne dadurch eine Benachteiligung zu erfahren. Werden diese รberstunden (tรคglich: 11./12. Stunde; wรถchentlich: 51.-60. Stunde) erbracht, besteht ein Wahlrecht seitens der DienstnehmerInnen diese in Geld oder in Zeitausgleich abgegolten zu bekommen. Weiters wurde mit der Arbeitszeitnovellierung neben einem Benachteiligungsverbot hinsichtlich des Entgelts, der Aufยญstiegsmรถglichkeiten und der Versetzung zusรคtzlich eine eigene gerichtliche Kรผndigungsanfechtung eingefรผhrt, welche den Arbeit-nehmerInnen ein 14-tรคgiges Anfechtungsrecht einrรคumt.
Bisher war eine Beschรคftigung von ArbeitnehmerInnen am Wochenende (ab Samstag 13.00 Uhr) und an Feierยญtagen nur aufgrund von Verordnungen, Kollektivvertrรคgen oder Bescheiden erlaubt. Kรผnftig ist es im Falle eines vorรผbergehend auftretendem besonderem Arbeitsbedarf mรถglich, an vier Wochenenden oder an vier Feiertagen pro Jahr Ausnahmen zu vereinbaren, wobei dies einschrรคnkend nicht an vier aufeinanderfolgenden Wochenenden erfolgen darf. Die Ausnahme gilt fรผr alle Branchen auรer fรผr Verkaufstรคtigkeiten nach dem รffnungszeitengesetz.
Die neuen Ausnahmen von Wochenend- und Feiertagsruhe kรถnnen jedoch nur durch eine Betriebsvereinbarung bzw. in Betrieยญben ohne Betriebsrat durch eine schriftliche Einzelvereinbarung vereinbart werden, wobei diese auch den Anlass zu umreiรen hat. ArbeitnehmerInnen in betriebsratslosen Betrieben haben das Recht, die Wochenend- und Feiertagsarbeit ohne Angaben von Grรผnden abzulehnen.
Im Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe kann kรผnftig fรผr ArbeitnehmerInnen und in Kรผche und Service bei geteilten Diensten die tรคgliche Ruhezeit auf mindestens acht Stunden verkรผrzt werden. Ein geteilter Dienst liegt vor, wenn die Tagesarbeitszeit durch eine Ruhepause von mindestens drei Stunden unterbrochen wird. Solche Verkรผrzungen sind innerhalb von vier Wochen, in Saisonbetrieben nach Mรถglichkeit wรคhrend der Saison, spรคtestens jedoch im Anschluss an die Saison, durch Verlรคngerung einer anderen tรคglichen Ruhezeit auszugleichen. Neu ist auch, dass diese spezielle fรผr das Gastgewerbe vorgesehene Mรถglichkeit zur Tagesruhezeitenverkรผrzung nicht mehr nur fรผr Vollzeitbeschรคftigte Anwendung finden kann, sondern auch fรผr teilzeitbeschรคftigte ArbeitnehmerInnen. Weiters ist diese Maรnahme nicht mehr von einer kollektivvertraglichen Zulassung abhรคngig ist.
Die neuen gesetzlichen Bestimmungen fรผhren zu keiner abrupten รnderung zulasten der DienstnehmerInnen. Gรผnstigere Regelungen, die sich bereits in Kollektivvertrรคgen oder Betriebsvereinbarungen befinden, bleiben weiterhin gรผltig und werden durch die Gesetzesnovellierung nicht berรผhrt. Weiters ist die Umsetzung der Gesetยญzesรคnderung im Unternehmen kein โMussโ, sondern lediglich ein โKannโ. Gemeinsam mit den MitarbeiterInยญnen sollte daher abgeklรคrt werden, welche durch die Gesetzesnovelle geschaffenen Mรถglichkeiten im Sinne einer hรถheren Flexibilitรคt genutzt werden sollen und welche nicht. Ob und in welcher Weise die erweiterten Spielrรคume wahrgenommen werden, muss jedenfalls im jeweiligen Betrieb untereinander ausgehandelt werden.
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