Fehlerhafte Bilanzansätze müssen grundsätzlich nicht nur im aktuellen Jahr, sondern zurück bis „an die Wurzel“ korrigiert werden. Durfte der/die Unternehmer:in zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung allerdings von der Richtigkeit der Bilanz ausgehen (= subjektive Richtigkeit der Bilanz), sind die Bilanzen erst für die Jahre ab Kenntnisnahme der objektiven Unrichtigkeit zu korrigieren.
Gasleitungen wurden von einem Unternehmer über viele Jahre auf 20 Jahre verteilt abgeschrieben. Die Nutzungsdauer von 20 Jahren wurde aufgrund der deutschen AFA-Tabelle in Verbindung mit der üblichen Verwaltungspraxis gewählt und war somit zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung als angemessen anzusehen. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde im Rahmen eines technischen Gutachtens allerdings festgestellt, dass die Nutzungsdauer von 20 Jahren objektiv unrichtig war und eigentlich eine Nutzungsdauer von 40 Jahren hätte herangezogen werden müssen.
Die aktuelle VwGH-Entscheidung vom 27. April 2017 (Ra 2015/15/0062) stellte klar, dass eine Bilanzberichtigung im oben beschriebenen Fall erst ab dem Jahr der Kenntnisnahme des Gutachtens, das eine Nutzungsdauer von 40 Jahren vorschlägt, vorzunehmen ist. Als Grund wurde betont, dass die durch das Gutachten hervorgekommene objektive Unrichtigkeit der Bilanzen der Vorjahre an der subjektiven Richtigkeit nichts ändert. Denn der Unternehmer durfte zum Zeitpunkt der Erstellung der Bilanzen davon ausgehen, dass die angenommene Nutzungsdauer von 20 Jahren richtig ist (= subjektiv richtiger Bilanzansatz).
Die Bilanzen waren deshalb subjektiv richtig, da sie mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers aufgestellt worden waren. Bei der subjektiven Richtigkeit zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung handelt es sich allerdings immer um eine Sachverhaltsfrage. Entscheidend dabei ist, welche Kenntnis ein/e Abgabenpflichtige/r bei pflichtgemäßer Sorgfalt zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung haben hätte können.
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