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Fachartikel

Gemischte Schenkungen von Immobilien an nahe Angehörige: Wann liegt Entgeltlichkeit und somit ImmoESt vor?

Online seit 21. November 2022, Lesedauer: 3 Min.

Der Immobilienertragsteuer (ImmoESt) gemäß § 30 EStG unterliegen grundsätzlich nur Veräußerungen von Grundstücken (darunter versteht das Steuerrecht Grund und Boden samt Gebäude) und grundstücksgleichen Rechten, weshalb eine Abgrenzung zu unentgeltlichen Übertragungen notwendig ist. In der Praxis kommt es häufig zu „gemischten Schenkungen“, bei denen zwar eine Gegenleistung für die Übertragung des Grundstückes erbracht wird, diese aber vom tatsächlichen Wert mehr oder weniger stark abweicht.

Bisherige Rechtslage: Grundstücksveräußerung ab 50 % des Grundstückswertes

Entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis wurde eine Grundstücksveräußerung und somit ein entgeltliches, der ImmoESt unterliegendes, Geschäft, bei einer mehr als 50 % des Grundstückswertes übersteigenden Gegenleistung, unterstellt. Die Abgabenbehörden stützten sich hierbei auf die Regelungen für die Besteuerung von Renten gemäß § 20 Abs 1 Z 4 EStG.

Änderung durch Entscheidung des VwGH: 75 % Grenze maßgeblich

Der Verwaltungsgerichthof (Ro 2022/15/0015) hat nunmehr entschieden, dass die analoge Anwendung der Regelungen für die Rentenbesteuerung im Rahmen der ImmoESt rechtswidrig ist. Die Frage der Entgeltlichkeit der gemischten Schenkung ist ausschließlich nach Rechtsprechung des VwGH zu lösen, wobei letztlich nach dem Hauptzweck und Gesamtcharakter des Geschäftes zu beurteilen ist, ob Unentgeltlichkeit vorliegt. Als Indiz für eine Schenkung kann ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung herangezogen werden, wenn aus den Verhältnissen der Personen zu vermuten ist, dass sie (aus privaten Motiven) einen zum Teil entgeltlichen und zum Teil unentgeltlichen Vertrag schließen wollten. Die (teilweise) Unentgeltlichkeit muss den Vertragsparteien bewusst und von diesen auch gewollt sein.

Bei Zuwendungen an nahe Angehörige wird die Absicht des „Bereichernwollens“ und somit Unentgeltlichkeit grundsätzlich vermutet. Erreicht der Wert der Gegenleistung jedoch zumindest 75 % des Werts des übertragenen Wirtschaftsgutes und liegen keine besonderen Umstände vor, die einen unentgeltlichen Gesamtcharakter nahelegen, ist in der Regel von einem einheitlichen, entgeltlichen Rechtsgeschäft auszugehen und die ImmoESt fällt an.

Unser Fazit:
Da grundsätzlich nur entgeltliche Grundstücksübertragungen der ImmoESt unterliegen, muss bei „gemischten“ Vorgängen der subjektive Wille des Leistenden ermittelt werden. Bei Übertragungen zwischen nahen Angehörigen kann nunmehr in jenen Fällen, in denen die Gegenleistung weniger als 75 % des Wertes des übertragenen Grundstücks beträgt, eine Schenkung angenommen werden, für die keine ImmoESt anfällt.
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